Bitcoin kostet 35000 Dollar: Kommt jetzt der erste ETF? (2024)

Die Unsicherheit hat die Märkte derzeit fest im Griff – die Börsen zittern. Das kann dem Bitcoin scheinbar nichts anhaben: Er hat Anfang Woche einen Kurssprung von fast 13 Prozent gemacht. Kurzzeitig stieg der Preis der digitalen Leitwährung auf über 35000 Dollar. Damit notiert er auf dem höchsten Stand seit über einem Jahr – trotz Nahostkonflikt, Kryptowinter und Drama um den FTX-Prozess.

Der steile Anstieg wurde von hohen Handelsvolumen begleitet und trieb andere Kryptowährungen wie Ethereum, Cardano oder Solana ebenfalls in die Höhe. Was ist da los? Hauptgrund für den Kursanstieg ist das Wiederaufleben von Spekulationen, wonach die Zulassung von an der Börse handelbaren Fonds (ETF) für den Bitcoin durch die amerikanische Wertpapieraufsicht SEC bevorsteht.

Der weltgrösste Vermögensverwalter, die amerikanische Blackrock, hatte Mitte Juni mit einem Antrag für einen solchen ETF auf den Spotpreis des Bitcoins die Phantasie der Branche angeregt und den Kurs zusätzlich befeuert. Der Spot- oder Kassapreis ist der tagesaktuelle Preis für eine gehandelte Währung.

Trotz widrigem Zinsumfeld befindet sich der Bitcoin seit Jahresanfang mit einem Plus von über 60 Prozent in einem starken Aufwärtstrend. Zum Vergleich: Der Schweizer Blue-Chip-Index SMI hat seit Januar 6Prozent verloren.

Grosse Investorengruppe

Der Steigflug des Bitcoins hat somit viel mit der Aussicht auf eine weitere Institutionalisierung digitaler Assets zu tun: Immer mehr Banken und Vermögensverwalter wollen Kryptowährungen in ihr Angebot aufnehmen – auch in der Schweiz.

Derweil wartet die Kryptobranche seit Jahren auf die Zulassung eines Spotpreis-basierten ETF. Die Hoffnung ist, dass solche Produkte die Geldschleusen von grossen Investoren wie Pensionskassen öffnen würden.

ETF sind für Mainstream-Investoren interessant, weil sie es ihnen erlauben, in Bitcoin zu investieren, ohne die riskante Währung besitzen zu müssen. Ein Dutzend Vermögensverwalter hat ein Zulassungsgesuch für solche ETF eingereicht, darunter spezialisierte Anbieter wie 21Shares oder ARK Invest. Und von den grossen, etablierten Asset-Managern ist nicht nur Blackrock interessiert, sondern auch Fidelity, Invesco oder Wisdom Tree.

Gemäss Schätzung von Analytikern des Kryptospezialisten Nydig könnte dadurch eine zusätzliche Nachfrage von fast 30 Milliarden Dollar entstehen. Ihrer Meinung nach kann Bitcoin in einem Portfolio eine ähnliche Absicherungsfunktion übernehmen wie Gold – eine Sicht, die von vielen Kryptoanhängern geteilt wird. Angesichts der höheren Volatilität des Bitcoins sei aber ein geringerer Portfolioanteil nötig, um eine ähnliche Wirkung zu erzielen.

Ob Bitcoin eine solche Absicherungsfunktion erfüllt, ist umstritten. Gold etwa leidet seit Anfang Jahr unter den gestiegenen Anleiherenditen und dem erstarkten Dollar. Erst bei schlechten Nachrichten wie jüngst aus dem Nahen Osten funktioniert Gold als «sicherer Hafen». Bitcoin entwickelt sich trotz ungünstigen Zinsen seit längerer Zeit positiv.

Spekulation bleibt wichtiger Treiber

Dabei bleibt Spekulation ein wichtiger Kurstreiber. Und es braucht nicht viel, um den Kurs zu beeinflussen. Der Trigger des jüngsten Anstiegs dürfte eine Nachricht aufX (ehemals Twitter) gewesen sein, wonach Blackrock eine besondere Lizenz erworben hat, die es dem Unternehmen erlaubt, schon diesen Monat Geld für seinen ETF aufzunehmen. Das wurde vom Markt als Hinweis darauf gedeutet, dass die Zulassung unmittelbar bevorsteht.

Mitte Oktober hatte bereits die – wie sich später herausstellte – falsche Meldung in den sozialen Netzwerken, ein Bitcoin-ETF sei durch die SEC zugelassen worden, den Bitcoin-Kurs kurzzeitig auf über 30000 Dollar katapultiert. Der Kurs hat nach einem Dementi seitens Blackrock wieder nachgegeben, doch der Kursausschlag genügte für Spekulanten, um auf steigende oder fallende Kurse zu wetten und zu kassieren.

Doch nicht nur die mögliche ETF-Zulassung sorgt für den Kursauftrieb. Auch dass die SEC das Urteil im gegen den Kryptoanbieter Grayscale verlorenen Rechtsstreit nicht anfechten will, sorgt für gute Stimmung im Kryptomarkt. Denn die Chancen steigen damit, dass der Grayscale Bitcoin Trust in einen attraktiveren ETF umgewandelt werden kann. Kurzfristig sollen zudem Spekulanten auf dem falschen Fuss erwischt worden sein, die ihre Leerverkaufspositionen mit Zukäufen decken mussten, was den Bitcoin-Kurs weiter nach oben trieb.

Ob die Bitcoin-Rally dauern kann, ist allerdings ungewiss. So glaubt etwa David Duong, Forschungsleiter bei Coinbase, dass der Bitcoin-Preis eine potenzielle Zulassung eines oder mehrerer Bitcoin-ETF bereits einpreise. Dafür, auf ein Ende des Kryptowinters zu wetten, dürfte es zu früh sein.